Symposium 2018 – Music Institutes in Multi-Diverse Urban Societies

Das Motto des Symposiums 2018 lautete »Discovering cultural relations – music institutes in multi-diverse urban societies«: Die Großstädte sind Zentren der Internationalisierung. Ihre Entwicklung wird durch zahlreiche Einflussfaktoren bestimmt: Handel, Verkehrswege, Industrie und Wissen­schaft sowie die Zuwanderung prägen unsere europäischen Städte und haben vielfach zu deren Wohlstand beigetragen. Doch die inter­nationale Stadt­gesellschaft bedeutet auch Spannungen, Abgrenzungen und das Aus­halten von Unterschiedlichkeit. Welche Rolle haben Kulturinstitutionen in der Stadt­gesellschaft der Zukunft? Welche Voraus­setzungen müssen gegeben sein, damit ein neues, lokal-internationales Kulturpublikum heranwachsen kann?

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»The Art of Music Education Vol. VI« Quelle: YouTube/Körber-Stiftung

»Creating mindsets for Concert Halls« – diesen Untertitel hat auch die sechste Ausgabe ernst genommen. Unter dem Thema »Discovering cultural relations – music institutes in multi-diverse urban societies« möchte das Symposium Denk- und Diskussionsanstöße geben – zu einem Thema, das noch stärker als in den Symposien zuvor die zentrale Frage nach der Zukunft unserer Gesellschaft und der Rolle der Kultur und der Kulturinstitutionen für das Zusammenleben aufgreift. Deshalb konzentrierte sich die Konferenz weniger auf Vermittlungsprojekte, sondern fragte nach der grundsätzlichen Rolle von Musik und Musikinstitutionen.

Katja Frei und Anne Wiederhold-Daryanavard, Kooperation Konzerthaus Wien/Brunnenpassage
Katja Frei und Anne Wiederhold-Daryanavard, Kooperation Konzerthaus Wien/Brunnenpassage Foto: Claudia Höhne

Welche Rolle haben diese Institutionen in der Stadtgesellschaft der Zukunft? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein neues, lokal-internationales Kulturpublikum heranwachsen kann? Dabei geht es nicht mehr nur darum, ob das Publikum der Zukunft »älter, bunter, weniger« wird, wie es ein Buchtitel voraussagte. Es geht um den rasanten Wandel im Privaten wie im Öffentlichen. Immer deutlicher sehen wir, dass Digitalisierung, Globalisierung, Migration und Individualisierung unsere Arbeits- und Lebensweisen und damit auch unsere Gesellschaften verändern werden. Alte Ordnungsmuster wandeln sich und verlieren an Kraft, von einem Gesellschafts-»System« lässt sich immer weniger sprechen – so vielfältig sind Interessen und Lebensweisen.

Esra Küçük, Maxim Gorki Theater
Esra Küçük, Maxim Gorki Theater Foto: Claudia Höhne

Die multi-diverse Stadtgesellschaft zeigt sich längst nicht nur in verschiedenen Ethnien und Biographien, sondern beispielsweise auch in Unterschieden zwischen arm und reich, digital und analog, Familien oder Single-Haushalten. Die These, nach der die zukünftige Leistung einer Gesellschaft im Aushandeln der Interessen der Vielen bestünde, könnte zur neuen Maxime werden. Vielfalt ist eine per se weder positiv noch negativ gefüllte Kategorie – erst wenn Vielfalt sich zu einer Gemeinschaft findet, vielleicht sogar einen neuen Gesellschaftsvertrag erarbeitet, wird sie zu einer gestaltenden Energie, die über sich selbst hinausweist.

Foto: Claudia Höhne

Bislang haben viele Kulturinstitutionen mit Zielgruppenangeboten auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert. Doch stößt diese Strategie in einer multi-diversen Gesellschaft an ihre Grenzen. Zudem stehen Projekte zuweilen als Symbolhandlung in der Kritik, weil sie keine wirkliche Teilhabe und kein Abbild gesellschaftlicher Realität ermöglicht. Könnte im Begriff »neue Zivilgesellschaft« – mehr noch im Begriff »Bürgergesellschaft 4.0« – ein Gestaltungsansatz liegen? Wie könnte sich ein neu verstandenes Bürgertum – auch mit den Mitteln und in der Auseinandersetzung mit den Künsten – entwickeln? Oder bleibt dies ein Traum von Kosmopoliten? Das Thema ist komplex und die Auseinandersetzung mit ihm wohl nur dann ernsthaft möglich, wenn (selbst-)kritische Fragen erlaubt sind: »Parallelgesellschaft Klassik? – was ist der gesellschaftliche Auftrag von Konzerthäusern?« ist eine davon. Eine andere könnte lauten: »Wo verbindet Kultur – und wo trennt sie?« Oder: »Inwiefern taugt Kultur zur gesellschaftlichen Krisenprävention? Oder bedeutet nicht schon diese Begrifflichkeit ein Hindernis?« Klärung bräuchten auch die Fragen: »Sprechen wir über Nationalität, Herkunft – oder Milieu?« »Es heißt, Musik ist eine Weltsprache – wie können wir sie intensiver zur Verständigung nutzen?« »Wann wird Kulturvermittlung zur Wertevermittlung – und wann zur Hegemonie?« Und schließlich: »Was kommt nach den Konzepten und normativen Forderungen«? Diesen und vielen weiteren Fragen wird das Symposium in Impulsen und Diskussionen nachgehen.

Tag 1 - Mittwoch, 14. Februar 2018

Was definiert eine multi-diverse Stadtgesellschaft?

Das Thema Diversität der Städte hat in den letzten Jahren weiter an Aktualität gewonnen: Wie nirgendwo sonst finden hier unterschiedlichste Lebenswelten simultan statt. Wie werden sich die Städte und ihre Gesellschaften in Zukunft entwickeln und wie lassen sich Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Bürger und Bürgerinnen darin ihren Platz finden? Was bedeutet es, in einer multi-diversen Stadt zu leben und welche Rolle spielt dabei die Kultur in einer weit gefassten Bedeutung: Wo kann sie verbinden, wo trennt sie? Und welche Rolle können Kulturorte übernehmen?

Andrea Thilo (Moderatorin des Symposiums)
Andrea Thilo (Moderatorin des Symposiums) Fotos: Claudia Höhne
Dr. Lothar Dittmer (ehem. Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung)
Dr. Lothar Dittmer (ehem. Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung)
Charles Landry, Esra Küçük, Andrea Thilo, Azouz Begag
Charles Landry, Esra Küçük, Andrea Thilo, Azouz Begag
Andrea Thilo, Dr. Klaus Wehmeier, Jochen Margedant, Esra Küçük
Andrea Thilo, Dr. Klaus Wehmeier, Jochen Margedant, Esra Küçük

Common Ground: Der Stellenwert von Kulturerlebnissen in verschiedenen Gesellschaften

Der Umgang mit Kultur ist vielfältig: so vielfältig, wie die Sozialisation mit Kultur individuell aber auch im Kollektiv stattgefunden hat, und so vielfältig, wie die Rolle der Kultur den Gesellschaften eingeschrieben ist. Ein Beispiel: In Deutschland, in einer stark säkularisierten Gesellschaft, haben – so wird es oft formuliert – die Kulturinstitutionen die Rolle der Kirche übernommen. Häuser wie die Elbphilharmonie oder das Guggenheim Museum in Bilbao werden als »Kathedralen des 21. Jahrhunderts« bezeichnet. Was die Kirchen an Aura verloren haben, wird nun durch gewagte Architekturen im säkularen Raum ersetzt. Zugleich verändert der Raum die Art und Weise, wie wir Kultur wahrnehmen. Sollten wir nicht viel mehr darüber nachdenken, inwieweit das Kulturerlebnis von Menschen unterschiedlicher Kulturkreise und Gesellschaften sich unterscheidet? Wofür stehen kulturelle Ereignisse? Welche Bedeutung haben Riten und Rituale?

Teilnehmende
Teilnehmende Fotos: Claudia Höhne
Esra Küçük, Maxim Gorki Theater
Esra Küçük, Maxim Gorki Theater
Teilnehmende
Teilnehmende

Zielgruppenarbeit vs. Bürgergesellschaft 4.0

Das Publikum der Zukunft wird nicht nur älter, bunter und weniger. Es wird sich auch aufteilen in neue Milieus, wie Digital Natives und analoge Konservative, in Singles und Familien, in intellektuelle Kosmopoliten, Performer und Traditionalisten. Um den Anforderungen einer sich verändernden Publikums- und Gesellschaftsstruktur zu begegnen, haben viele Institution Sparten- und Zielgruppenprogramme entwickelt. Welche Erfahrungen gibt es damit?

Welche Herangehensweisen und Maßnahmen von Theatern, Museen und Orchester waren erfolgreich? Wo sind die Grenzen? Und wie sinnvoll wäre es, über ein neues, internationales und kosmopolitisches Kulturbürgertum nachzudenken – vielleicht sogar über einen »kulturellen Gesellschaftsvertrag«. Kurzum: Wie gehen die unterschiedlichen kulturellen Institutionen mit den Herausforderungen einer internationalen Stadtgesellschaft um?

Franz Josef Himpsl (Unterbiberger Hofmusik), Andrea Thilo
Franz Josef Himpsl (Unterbiberger Hofmusik), Andrea Thilo Fotos: Claudia Höhne
Chor zur Welt
Chor zur Welt
im Gespräch mit dem Chor zur Welt
im Gespräch mit dem Chor zur Welt
Unterbiberger Hofmusik
Unterbiberger Hofmusik Fotos: Claudia Höhne
Pulsband
Pulsband

„Creativity is a renewable resource and heritage a non-renewable resource.”

Charles Landry

Publizist und Stadtplaner

Tag 2 - Donnerstag, 15. Februar 2018

Michel Abdollahi, Dr. Carsten Brosda, Dr. Lothar Dittmer, Kai-Michael Hartig
Michel Abdollahi, Dr. Carsten Brosda, Dr. Lothar Dittmer, Kai-Michael Hartig Fotos. Claudia Höhne
Dr. Carsten Brosda, Michel Abdollahi
Dr. Carsten Brosda, Michel Abdollahi
Präsentation der Fragen an die Teilnehmenden
Präsentation der Fragen an die Teilnehmenden
Andrea Thilo, Emmanuel Hondré, Gillian Moore, Neil Wallace, Matthias Naske, Christoph Lieben-Seutter
Andrea Thilo, Emmanuel Hondré, Gillian Moore, Neil Wallace, Matthias Naske, Christoph Lieben-Seutter

Gesellschaftlicher Zusammenhalt als Ziel von Kulturpolitik?

Gesellschaftlicher Zusammenhalt kann weder durch Verordnung an die Kulturinstitutionen komplett abgegeben werden, noch ist er allein eine Aufgabe der Politik. Und doch kommt durch die aktuelle Situation der Kulturpolitik eine wachsende Rolle zu. Im Mai 2017 hat der deutsche Kulturrat als Dachverband der deutschen Kulturverbände 15 Thesen zu kultureller Integration und Zusammenhalt veröffentlicht. Sie sollen einen Beitrag zur aktuellen Debatte leisten. Was bedeuten die 15 Thesen konkret für die Arbeit von Kulturinstitutionen? Was bedeuten sie für die kulturpolitische Landschaft? Michel Abdollahi ist im Gespräch mit Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda verschiedenen Aspekten der Debatte nachgegangen. Brosda sprach sich unter anderem dafür aus, vereinnahmende Narrative zu überprüfen. So weise die Zuschreibung, Kultur sei der Kitt der Gesellschaft den Künsten eine Funktion zu, die sie aus ihrem Selbstverständnis heraus ablehnen muss.

Teilnehmende vor der Körber-Stiftung auf dem Weg in die Elbphilharmonie
Teilnehmende vor der Körber-Stiftung auf dem Weg in die Elbphilharmonie Fotos: Claudia Höhne
Spotlights in den Kaistudios der Elbphilharmonie
Spotlights in den Kaistudios der Elbphilharmonie
Spotlights in den Kaistudios der Elbphilharmonie
Spotlights in den Kaistudios der Elbphilharmonie

Parallelgesellschaft Klassik? – Zum gesellschaftlichen Auftrag von Konzerthäusern

Wie gehen europäische Konzerthäuser mit den Befunden und Erfahrungen der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen um? Die Podiumsteilnehmer wurden gebeten, zu verschiedenen Fragen Stellung zu nehmen: Ist die Musik der mitteleuropäischen klassischen Tradition ein Nischenprogramm, und warum sollen stets neue Gruppen damit missioniert werden? Was bedeutet »kulturelle Augenhöhe« – und wann ist sie ein uneinlösbares Versprechen? Warum ist das Programm internationaler als sein Publikum – und wie kann man es ändern? Sollte man es ändern? Wie könnte man ein Konzerthaus »neu« denken? Fünf Intendanten teilten ihre Gedanken und Erfahrungen.

Christoph Lieben-Seutter (General Direktor, Elbphilharmonie und Laeiszhalle)
Christoph Lieben-Seutter (General Direktor, Elbphilharmonie und Laeiszhalle) Fotos: Claudia Höhne
Derya Yildirim mit dem Ensemble Resonanz
Derya Yildirim mit dem Ensemble Resonanz
Ensemble Resonanz mit Derya Yildirim, Sven Kacirek und Patrick Kabré
Ensemble Resonanz mit Derya Yildirim, Sven Kacirek und Patrick Kabré
Derya Yildirim und Patrick Kabré
Derya Yildirim und Patrick Kabré
Unterbiberger Hofmusik
Unterbiberger Hofmusik Fotos: Claudia Höhne
Empfang in der Elbphilharmonie
Empfang in der Elbphilharmonie
Empfang in der Elbphilharmonie
Empfang in der Elbphilharmonie

„Cultural participation is the key.”

Matthias Naske

Intendant und Vorsitzender der Wiener Konzerthausgesellschaft

Tag 3 - Freitag, 16. Februar 2018

Cathy Graham (World Voice, British Council Music)
Cathy Graham (World Voice, British Council Music) Fotos: Claudia Höhne
Andrea Thilo, Katja Frei, Anne Wiederhold-Daryanavard
Andrea Thilo, Katja Frei, Anne Wiederhold-Daryanavard
Michael Dreyer (Morgenland Festival Osnabrück)
Michael Dreyer (Morgenland Festival Osnabrück)
Teilnehmende
Teilnehmende

9:30 Uhr | Good Practices:

  • Utopien, Strukturen & Systeme hinterfragen (DEU)
  • Kooperation Konzerthaus Wien / Brunnenpassage, Morgenland Festival, Open Access, World Voice (British Council Music)

11:00 Uhr | Spotlights

  • Wrap-up & Diskussion (ENG)

12:00 Uhr | Kaffeepause

12:15 Uhr | Gedanken & Ideen auf dem Weg (DEU)

  • mit Mo Asumang (Regisseurin), Muchtar Al-Ghusain (Stadt Würzburg), Stefan Weber (Islamisches Museum)

13:30 Uhr | Mittagessen & Ende des Symposiums

Marion Koch (Open Access)
Marion Koch (Open Access) Fotos: Claudia Höhne
Spotlights Wrap-up und Diskussion mit Bahar Roshanai, Dr. Christiane, Dätsch und Mustafa Akça
Spotlights Wrap-up und Diskussion mit Bahar Roshanai, Dr. Christiane, Dätsch und Mustafa Akça
KörberForum
KörberForum

„Wir müssen die Leute dazu schulen andere Kulturen als etwas Schönes anzusehen.”

Mo Asumang

Regisseurin

Video Highlights

Video

„Where do we belong, when everything is on the move?”

Charles Landry

Charles Landry, Publizist und Stadtplaner

Programm-Booklet 2018

  • Symposium 2016 – Re-Thinking the Dialogue
  • Symposium 2020 – What Keeps Societies Together