Externes Video von YouTube laden.
Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
»Versöhnen statt spalten«: Das Motto des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau erscheint deshalb heute mit Blick auf Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt gegenwärtiger denn je. Was können Kulturinstitutionen dazu beitragen? Lässt sich in Kunstbegegnungen Haltung vermitteln? Wie viel Politik verträgt die Bühne? Und: Wie weit reicht dieses Thema über das Feld von Musikvermittlung hinaus? Kulturinstitutionen sind längst Player in der öffentlichen Wahrnehmung geworden, spätestens seitdem manche sich auch politisch positionieren. Diesen und anderen Fragen wurde in der siebten Ausgabe von The Art of Music Education nachgegangen.
Seit 2008 wird Hamburg alle zwei Jahre zum Treffpunkt der internationalen Konzerthaus- und Musikvermittlungsszene. Auf Einladung von Elbphilharmonie Hamburg und Körber-Stiftung werden beim Symposium The Art of Music Education aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Musikvermittlung diskutiert, jeweils mit einem besonderen Schwerpunkt. Die bisherigen Ausgaben beschäftigten sich mit den Themen »Role«, »Young Audiences«, »Alliances«, »Heritage«, »Concert Halls and Schools« und »Multidiverseurban societies«.
Das Thema der siebten Ausgabe ist besonders aktuell: In Deutschland beispielsweise reicht inzwischen ein verunglücktes Stück Satire für Morddrohungen, ein »falsch« zusammengestelltes Podium für Aufruhr und beim »nicht korrekt« besetzten Bühnenprogramm hagelt es Absagen. Es braucht nicht allzu viel, um über Nacht eine Empörungswelle zu verursachen. Unruhe und Reizbarkeit beeinflussen das gesellschaftliche Klima. Dabei bräuchte es für die kommenden Herausforderungen eine gehörige Portion Gemeinsamkeit.
Ob in Kulturinstituten, Universitäten, ja sogar im Alltag – das Leben scheint in einer Weise politisiert, wie man es vielleicht noch aus den frühen 70er Jahren kannte. Doch erscheint manches Politische inzwischen weniger als ein Ringen um die Gestaltung des Zusammenlebens, des Miteinanders, sondern eher als ein Akt der Abgrenzung. Welche neue Sensibilität verlangt die Gegenwart von Kulturmachern – und wo engt politische Vorsicht künstlerische Freiheit ein?
Gesellschaft ist nicht abstrakt, sie beginnt bereits in der Nachbarschaft. In einem exemplarischen Vergleich zwischen vier Städten soll es um Fragen gehen wie: Könnten Institutionen ihr gesellschaftliches, ihr städtisches Umfeld besser “lesen” und mit ihm zusammenarbeiten? Wie verändern sie ihre Kommunikation mit dem Publikum? Wie schlägt sich dies in Education-Aktivitäten nieder? Welche aktuellen gesellschaftlichen Fragen werden in die Institution hineingeholt und beeinflussen den Spielplan und die Unternehmenskultur?
„Kunst hat nicht die Aufgabe zusammenzuführen.“
Dr. Carsten Brosda
Senator der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg
„Kunst stellt ein imaginäres und temporäres Gemeinwesen her.“
Stefanie Carp
Intendantin, Ruhrtriennale
Nicht wenige Kunstschaffende nutzen heute ihre Prominenz, um sich zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu Wort zu melden. Andere haben dieses Künstlerleben gewählt, um sich gerade von der Gesellschaft abzugrenzen bzw. auf andere Weise zu wirken. Was bedeutet es, wenn Künstler:innen sich zur Tagespolitik melden, Partei ergreifen? Wie setzt man sich mit Themen wie Klimawandel und Reisetätigkeit im Tourneegeschäft auseinander?
Wer ganz oben mitspielen will, muss sein Leben der Vollkommenheit auf dem Instrument widmen. Der Konzertbetrieb verlangt ein geöltes Funktionieren. Doch viele junge Musiker:innen wollen heute mehr, probieren neue Formate, gründen Ensembles oder Festivals. Wie müsste sich die Ausbildung an Musikhochschulen weiterentwickeln? Und welche Rolle kann die Disziplin »Musikvermittlung« dabei spielen?
Die Erwartungen an Kultureinrichtungen sind groß: Offen für ein diverses Publikum sollen sie sein, viele Besucher ziehen, Einnahmen erwirtschaften und dabei politisch relevant agieren. Zugleich sehen sich viele Institutionen neuem politischen Druck ausgesetzt: Ihr Gesellschaftsbild wird hinterfragt, auch angegriffen. In diesen Debatten helfen Allianzen, kulturpolitische Bündnisse und Interessenvertretungen. Darüber hinaus soll u. a. Thema sein: Was können Konzerthäuser von anderen Kulturinstitutionen lernen? Wo verlaufen rote Linien und woher können Kulturinstitutionen den Mut für »gefährliche Begegnungen« (Heinz Bude) nehmen?
„Man kann sich nicht davor drücken eine Position zu haben.“
Tobias Rempe
Künstlerisches Management und Geschäftsführung, ensemble resonanz
Dieser Part war gedacht als Impuls für die Heimreise, als Coda, die das Thema der siebten Ausgabe weitet zur Frage: »Von der Musik lernen? Was unsere Gesellschaft zusammenhalten könnte.« Der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert und Hamburgers Kultursenator Carsten Brosda haben sich viele Jahre innerhalb und außerhalb von Parlamenten und Regierungen für Kultur und Demokratie in der Bundesrepublik stark gemacht. Im Zwiegespräch gingen sie unter anderem der Frage nach, worin sich demokratische Haltung manifestiert und welche Rolle die Kultur dabei spielen kann. Dabei ging es auch um die Frage, wie sich der zunehmenden Verhärtung von Positionen und einem wachsenden Wahrheitsanspruch und damit Abwertung abweichender Meinungen begegnen ließe.
„Wir müssen dafür sorgen, dass wir nicht mehr als „die nette von der Musikvermittlung“ wahrgenommen werden, sondern als die taffe Kollegin, die sich für gesellschaftliche Belange einsetzt.“
Constanze Wimmer
Vizerektorin für Lehre und Internationales an der Kunstuniversität Graz
„Kunst ist dazu da Probleme zu schaffen und nicht zu lösen.“
Stefanie Carp
Intendantin, Ruhrtriennale
Von der Musik lernen? Was unsere Gesellschaft zusammenhalten könnte.
Andrea Thilo, Prof. Dr. Norbert Lammert und Dr. Carsten Brosda
Wieviel Politik verträgt das Konzert?
Zum Selbstverständnis der MusikerInnen heute
Andrea Thilo, Tobias Rempe , Gerald Mertens und wechselnde Gäste aus dem Publikum
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda räumte unter anderem mit dem Glauben auf, Kunst könne als Kitt der Gesellschaft dienen, um Probleme zu lösen, die an anderer Stelle verursacht wurden.
Dr. Carsten Brosda
Senator der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg